Visionssuche von A – Z: 100 Stunden Einsamkeit | Teil II

Visionssuche von A – Z: 100 Stunden Einsamkeit | Markus Zielke erzählt von seiner eigenen Auszeit

100 Stunden mit mir alleine. Ohne Ablenkungen, ohne Essen, ohne die Möglichkeit, von sich selbst davon zu laufen. Was passiert da? „Die zivilisatorische Schicht“ so hat es der amerikanische Psychologe Robert Greenway formuliert „ist nur drei Tage dick!“  Was geschieht, wenn das „darunter“ hervorkommt? Markus Zielke und Mia Brummer erzählen, was sie dabei erlebt haben.

Markus berichtet über seine Auszeit

„Ich muss abbrechen…Ich klappe kurz vor der Zielgeraden zusammen!“

Letzter Tag der viertägigen Auszeit alleine. Kann mich nicht mehr bewegen. Meine Gliedmaßen gehorchen mir nicht mehr. Wie komme ich aus diesem Loch wieder raus? Muss ich abbrechen?? Es fühlt sich wirklich ziemlich ausweglos an. Verfahrene Situation. Würdig eines Romans. Aber gefühlt ziemlich ätzend…

Vor dem Aufbruch… 

Doch beginnen wir am Anfang, bevor ich in diese Auszeit loszog. Im Basislager ging es heiß her. Jeder hatte sich intensiv auseinandergesetzt: 

Was will ich denn nun wirklich, was „ruft“ mich? Und: was hält mich jetzt noch fest? Was sollte ich endgültig verabschieden oder integrieren? Wofür gehe ich eigentlich für vier Tage Auszeit – während andere mit Freunden Sommerpartys feiern?

Diese Arbeit in der Gruppe ist oft emotional aufwühlend und zugleich stärkend. Oft geschieht gefühlt in diesen vorbereitenden Tagen das Meiste der Arbeit. Die folgenden Tage werden von vielen nun als „leichter“ beschrieben. Doch auch hier gilt: das Erleben ist höchst unterschiedlich.

Für einige ist diese Zeit eine Rückverbindung an die Natur, an großes Geschenk diese stille Begegnung mit sich selbst – für andere steht hier noch einmal eine Auseinandersetzung mit tiefen Emotionen an.

In die vier Tage gehe ich mit bangen Herzen und auf unsicheren Beinen. Zuvor hatte ich meinen „Confirmation-Satz“ erarbeitet:  ein Satz der ausdrückt was ich Neues willkommen heißen will – und was ich hinter mir lasse!

Dieser Satz schwingt zwar in mir, aber ich spüre ihn noch nicht als wahrhaftig. Doch genau dafür gehe ich ja nun raus und fort von der Gruppe.

Regenreicher Abschied von der Gruppe

Frühmorgens werden wir rituell verabschiedet. Es regnet in Strömen. In der Nacht zuvor habe ich kaum ein Auge zugetan. Wir haben alle gemeinsam in einem Gehöft übernachtet. Mich sorgt es nun rauszugehen, denn meine Ausrüstung ist mangelhaft und die Aussicht so nun einen bis zwei Tage wohl im Regen zu verbringen erschreckt mich.

Im Regen baue ich meine Plane auf. Da das Seil nicht lang genug war, knote ich es zusammen. An den Knotenpunkten sammelt sich die Nässe – und den ganzen Tag lang tropft es runter. Dann führe ich ab, so wie es uns gesagt wurde. Hungergefühle hatte ich in den ganzen vier Tagen nie.

Immer wieder versuche ich dem Regen auszuweichen. Irgendwann „ergebe“ ich mich der Nässe. Ich schreibe Tagebuch und ein Gefühl des Friedens kommt in mir auf. Gezwungen zum Nichts-Tun werden meine Gedanken ruhiger.

Die Zeit verschwimmt und Berge singen

Am zweiten Tag hört der Regen auf. Das feiere ich mit einem morgendlichen Zähneputzen am kleinen Bach. Anschließend erkunde ich die Gegend und beobachte meine Mitbewohner, die Murmeltiere. Jedoch merke ich bald, dass ich vom Verzicht auf Nahrung geschwächt bin. Ich sitze irgendwann „nur“ da und träume vor mich hin.

Die Berge kommen mir gefühlt immer näher, ein Gefühl der Geborgenheit entsteht. Nun höre ich ein Orchester, ich höre tatsächlich Musik, Akkordeon-Musik so klingt es. So als ob die Berge singen. Später erfahre ich, dass außer mir niemand das gehört hatte – und ich erfahre, dass die bergkundigen Menschen sehr wohl verstehen, dass die Berge musizieren.

Anfangs versuche ich den Tagen eine zeitliche Struktur zu geben und mir kleine Aufgaben zu geben. Genauso wie ich meine Lebenszeit als pflichtbewusster Mensch immer wieder einteile.

Irgendwann kommt der Gedanke „Das ist Deine Zeit. Deine Lebenszeit. Die kommt nie wieder. Du bist mit Dir alleine. Das kann Dir keiner jemals wieder nehmen.“

Auch diese inneren Gespräche, diese tiefgehenden und erspürten Erkenntnisse sind es, die mir so nachhaltig in Erinnerung geblieben sind.

Abends kämpfe ich dann innerlich, ob ich es wagen soll, draußen – dh. nicht unter der Plane – und unter freiem Himmel zu schlafen. Regenwolken hängen zwar immer noch tief über dem Tal, doch ich wage es. Belohnt werde ich mit einem himmlischen Schlaf und leichtem Frost morgens auf dem Schlafsack. 

Die Prüfung am letzten Tag

Nun wird es ätzend. 

Der letzte Tag bricht an. Die Tage soweit waren gefühlt „paradiesisch“, sie fühlten sich für mich ungewohnt unbeschwert und leicht an. Kritisch frage ich mich: bin ich etwas ausgewichen? Kann es so leicht gewesen sein? Sollte ich nicht noch einmal den Blick auf die Wunden der Vergangenheit werfen, um gründlich deutsch sicherzustellen, dass ich wirklich alles gelöst habe?

Nun, das tue ich dann. Wieder geht mein Blick zurück auf Ereignisse meiner frühen Kindheit, die ein Leben lang teilweise verborgen und unbewusst mein Verhalten und meine Gefühle beeinflusst haben.

Irgendwann spüre ich, dass es genug ist – und ich aufbrechen sollte. Noch habe ich den täglichen Gang vor mir, um an einem bestimmten Ort ein Zeichen zu prüfen und es neu zusetzen, so dass ich weiß ein mir zugeordneter Kollege („Buddy“) ist „OK“ – und er weiß es von mir auch. Doch geschieht es, bzw. geschieht es nicht: ich kann mich nicht mehr bewegen – alle Kraft ist plötzlich verschwunden.

Ich bin erschrocken: wie soll ich den Gang zu diesem Ort schaffen, wie soll ich signalisieren, dass ich „OK“ bin – und wie soll ich es schaffen, die letzte Nacht noch durchzuwachen und auf den Schlaf zu verzichten? Muss ich kurz vorm Ziel abbrechen, weil ich es körperlich nicht schaffe?

Und ich hadere. Hadere mit dem Schicksal. Will mich nicht ergeben. Will es schaffen. Will wieder mich bewegen können. Ich bete.

Plötzlich vernehme ich eine Stimme in mir „Du schaffst das. Ich trage Dich bis zum Ende der Visionssuche. Schüttele Dich.“  Wie durch ein Wunder fühle ich mich plötzlich wieder stark genug – und ich schaffe es, meinen Gang zu gehen, und sogar die letzte Nacht zu durchwachen!

Das werde ich nie vergessen.

Im kommenden Artikel erzählt Mia,  wie sie ganz persönlich die 100 Stunden Auszeit erlebt hat.

Hast Du Lust bekommen, mehr über unsere Visionssuche, die wir im August 2021 anbieten, zu erfahren? Dann sprich` uns an! Wir freuen uns auf Dich!

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