Mein Geständnis: auch ich trauere manchmal um meine ungelebte Weiblichkeit

Mit knapp 60 Jahren habe ich immer weniger zu gestehen. In meinem „Geständnis“ steckt keine Schuld. Es ist eher eine Erkenntnis, zu der ich mich freien Herzens bekenne: auch ich trauere manchmal um meine ungelebte Weiblichkeit, auch wenn ich das Gefühl habe, gut im Reich jenseits der Menopause angekommen zu sein.

Ich habe Frieden geschlossen mit mir. Ich durfte im Schoß der Natur nachreifen und hatte mit 47 Jahren Zeit, mich mit dem Wandel, der in mir stattfand, einhundert Stunden lang auseinanderzusetzen. Was ich dabei erlebte, erzähle ich Dir hier:

 

Visionssuche – 100 Stunden Einsamkeit im Schoß von Mutter Natur

 

Und doch gibt es Momente, in denen mich eine tiefe Trauer überkommt, dass mich in jungen Jahren keine Frau an die Hand nahm, und mir das Frau-Sein zeigte. Die Anlässe mögen banal erscheinen, doch die Trauer, die dabei mitschwingt, ist deswegen nicht geringer.

Soviel ungelebtes Frau-Sein

Die Rechtschreibprüfung will zum zweiten Mal das Wort „ungelebt“ verbessern. Ein „ungeliebt“ ploppt auf. Davor ein „unbelebt“. Worte, die mich auf eine Spur führen …

Fühlte ich mich ungeliebt?

Ich spüre der Frage nach und erkenne, dass die wenigsten Männer mich meinten, wenn sie ihre Liebe gestanden. Es war eher das Idealbild von mir, das sie liebten. Doch es waren eher Frauen, die mich ungeliebt fühlen ließen.

  • Meine Großmutter, weil ich sie mit 43 Jahren zur Großmutter machte und der Schande, die ich über sie brachte, weil ich das sichtbare Ergebnis der Verfehlung ihrer Tochter war.
  • Meine Mutter, 17 Jahre alt, als sie mit mir schwanger wurde, der ich „die Zukunft verbaute“.
  • Meine Mitschülerinnen, die mich in der Vorstadt-Grundschule mieden – war ich doch in den Augen ihrer Mütter die Tochter eines Flitscherls.
  • Meine Kolleginnen in der alteingesessenen Wirtschaftsprüfer-Kanzlei – war ich ihnen zu attraktiv, zu jung und zu intelligent.
  • Meine Schwiegermutter – war ich doch für ihren Sohn nicht gut genug.

Doch die, die mich am wenigsten liebte, war ich selbst. Und mein Frau-Sein schon gar nicht. War das nicht die Wurzel alles Übels?

Fühlte ich mich unbelebt?

Definitiv. Wie soll man einen Körper bewohnen, der von allen Seiten bekämpft wurde?

Lange Jahre lebte ich in einer Art Trance. Ich bewegte meinen Körper, ich fütterte ihn ab und an, ich kleidete ihn, schminkte ihn, doch wirklich „drin“ war ich selten. Das  Tanzen weckte ihn auf und schenkte mir erfüllte Stunden, in denen ich mich ganz bei mir fühlte.

 

 

Jetzt, in der Rückschau, bedauere ich meine Härte zu mir selbst. Und manchmal frage ich mich, wie ich geworden wäre, hätte ich mein sechzigjähriges Selbst als Großmutter an meiner Seite gehabt, die mir das Weib-Sein lehrte…

So durfte ich mich lange Jahre selbst auf den Weg machen, die Liebe zu mir zu finden. Meine größte Lehrerin dabei war Mutter Natur. Der war es vollkommen egal, wie ich zu ihr kam, streifte sie doch im nu meine Maske ab, wenn ich ihr Reich betrat. 

 

„Wir sind so gerne in der freien Natur, weil diese keine Meinung über uns hat und nicht bewertet“ (Friedrich Nietzsche)

Sie lehrte mich so Vieles, doch das wahrhaftige Weib-Sein lernte ich während meiner Menopause im Kreis der reifen, weisen Frauen. Diese wilden, ungezähmten Weiber aus der nichtalltäglichen Welt halfen mir, mein „Frau-Sein-Korsett“ abzulegen, lehrten mich, über mich selbst zu lachen und mein jahrzehntelanges Bestreben „passend“ zu sein. Sie zeigten mir die schillernden Farben in mir und was für eine Freude es macht, endlich nicht mehr zu funktionieren.

Und trotzdem gibt es immer wieder Momente, in denen ich um so viel ungelebte Weiblichkeit weine:

  • wenn ich meine Bikinis und damit meine einst gute Figur in der Altkleider-Tonne entsorge, weil die Zeit einfach vorbei ist und auch nie mehr wieder kommt

 

 

 

  • wenn ich zärtlich über meine Flamenco-Schuhe streiche und mich frage, ob ich sie jemals noch einmal anziehen werde, um auf einer Bühne zu tanzen
  • wenn ich den Motocross-Helm in die Hand nehme und an die Zeit denke, wie ich mit meiner Africa-Twin mit weit ausgebreiteten Armen als Amazone allein über Landstrassen bretterte

Und ja, ich lasse den Tränen freien Lauf. Weil sie mich am Ende nicht im Brunnen der Erinnerungen ertränken, sondern etwas Wichtiges lehren …

Was mich die Tränen lehren

Sie lehren mich, JETZT mein Leben in die Hand zu nehmen und daraus etwas zu machen! Denn sie mahnen mich, wann immer ich am Brunnen der Erinnerung sitze:

„Wer lebt denn JETZT Dein Leben, wenn Du hier sitzt und das ungelebte Leben betrauerst? Damit fügst Du nur weitere ungelebte Stunden hinzu!“

Und so bedanke ich mich bei ihnen, richte mich auf und mache mich wieder auf den Weg, mich zu leben!

 

0 Kommentare

Einen Kommentar abschicken

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Wie schön, dass du hier bist! Ich bin Mia und freue mich, dass Du mich auf meinem Blog besuchst.

Ich begleite Frauen in der Lebensmitte durch das Niemandsland zwischen dem Tun und dem Sein, dass sich auftut, wenn das „schneller, höher, weiter“ keinen Sinn mehr macht.

Mehr über mich …

Ja, ich will den Inspirationsletter von Mia!

Werde Teil von Mia‘ s Welt und erhalte wöchentlich Inspirationen in Dein Postfach.

Marketing von

Purpose Bestimmung Lebenssinn – wie ich meine gefunden habe und was ich als Mentorin, Unternehmerin und weise Frau bewirken will

Es gibt immer wieder Zeiten im Leben, in denen wir uns fragen: was ist der Sinn des Lebens? Welchen Purpose habe ich? Was ist meine Bestimmung? Gibt es nur die EINE oder habe ich mehrere Bestimmungen im Leben? Worin finde ich den Sinn des Lebens? Was will ich...

Über verlorene Träume und wie sie sich Frauen in der Lebensmitte wieder zurückholen können

Kennst Du die Momente, an denen Du Dich an lang zurückliegende Träume erinnerst und wehmütig denkst, Du hättest sie ein für alle Mal verloren? Ich möchte ein Geheimnis mit Dir teilen. Das über verlorene Träume und wie sie sich Frauen in der Lebensmitte wieder...

Wenn das Leben auf die Stop-Taste drückt

Kennst Du das Gefühl, wenn Dein Leben plötzlich die Stop-Taste drückt? Ich erlebe diesen Moment gerade ziemlich intensiv. Wie ich damit umgehe, möchte ich Dir in diesem sehr persönlichen Artikel erzählen. Denn vielleicht erlebst auch Du gerade eine Umbruchphase, die...

Was Du in einem Online-Coachingprgramm für Businessaufbau NICHT lernst

Was Du in einem Coachingprogramm für Online-Business-Aufbau NICHT lernst, ist die Entwicklung einer UnternehmerInnen-Persönlichkeit. In der heutigen digitalen Welt boomt das Online-Business. Immer mehr Menschen suchen nach Möglichkeiten, ihr eigenes Unternehmen...

Wie es ist, mit mir zu arbeiten | so läuft eine 1:1-Zusammenarbeit mit mir im Business Mentoring ab

Mia, was machst Du eigentlich als Business-Mentorin? Ist das eher für ExistenzgründerInnen oder für UnternehmerInnen, die schon länger auf dem Weg sind? Bucht man Dich, wenn das Business anläuft, gut läuft, oder wenn es knirscht? Du willst wissen wie es ist mit mir zu...

Sechsstellig unter die Armutsgrenze. Über Sehnsüchte, Hoffnungen und die Realität im Online-Business und wie ein erfolgreiches Business gelingen kann

Sechsstellig unter die Armutsgrenze. Über Sehnsüchte, Hoffnungen und die Realität im Online-Business. Tausende von Frauen träumen jedes Jahr den Traum eines sechsstelligen, oder besser noch siebenstelligen Online-Business. Der Weg dahin, so versprechen...

Was macht mein Business Mentoring so besonders?

Was macht mein Business Mentoring so besonders? Diesen Artikel habe ich für Dich geschrieben, damit Du nach spätestens 685 Worten (so lange ist dieser Artikel) klar erkennst, ob Dich meine Art des Business Mentorings weiterbringt.  Eines ist sicher: die Arbeit mit mir...

Die Evolution des Mentorings – von Stammesältesten über Business-Paten hin zur visionären Mentor:in

In der Coaches-, Trainer:innen- und Berater:innenszene herrscht Unstimmigkeit darüber, wo der eine Begriff endet und der andere beginnt. Seit einiger Zeit trägt eine weitere Bezeichnung zur Konfusion bei: Mentor:in. Und auch hier scheiden sich die Geister, was genau...

Die türkise Lounge | mein heutiger Gast: Judith Peters | Gründerin der Content Society und Female Power Influencerin

Judith Peters aka Sympatexter ist heute zu Gast in einer neuen Podcastfolge der türkise Lounge, in der ich visionäre Entrepreneure vorstelle, die mit ihrem Wirken eine lebenswertere Zukunft gestalten.  Judith ist DIE Female Power Influencerin, die Frauen dabei hilft,...

Die türkise Lounge | mein heutiger Gast: Anke Beeren | Gründerin des Joint Forces Club

Anke Beeren ist heute zu Gast in einer neuen Podcastfolge der türkise Lounge, in der ich visionäre Entrepreneure vorstelle, die mit ihrem Wirken eine lebenswertere Zukunft gestalten. Sie ist Gründerin des Joint Forces Clubs und schafft darin integrale Räume, in denen...

Du willst mir schreiben? Das kannst Du hier:

5 + 13 =